Eine ganz kleine Geschichte des Heidelberger Arbeitskreises
Der Heidelberger Arbeitskreis ist eine Gruppe von Menschen, die theologisch in Wissenschaft und Praxis tätig sind – ob vom Fach oder als so genannte Laien, spielt dabei keine Rolle. Von Studierenden bis zu pensionierten Professorinnen und Professoren ist alles vertreten. Die Liste derjenigen, die zu den jährlichen Treffen eingeladen werden, umfasst etwa 60 Personen und ist ständigem Wandel unterlegen. Zu den einmal im Jahr stattfindenden Treffen (ein Wochenende von Freitag Nachmittag bis Sonntag Mittag) kommen regelmäßig (aber in wechselnder Zusammensetzung) etwa 20 Personen zusammen.
Nach dem Vorwort von Willy Schottroff zu dem Band „Der Gott der kleinen Leute“ von 1979 traf sich der Arbeitskreis erstmals im Herbst 1977 in Villigst. Seitdem hat er sich jedes Jahr getroffen, mit der Ausnahme von 1987, als sich nicht genügend Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet hatten und die Tagung ausfallen musste. Da das zweite Treffen des Kreises in Heidelberg stattfand – es war das einzige an diesem Ort –, blieb der Name „Heidelberger Arbeitskreis“ an der Gruppe haften. Immerhin haben einige der aktiven Mitglieder eine frühere oder auch noch andauernde Affinität zu der Stadt am Neckar, sodass der Name nicht ganz ohne Rechtfertigung ist.
Wie aus der Liste der Tagungen seit 1985 hervorgeht, fanden die Treffen an unterschiedlichen Orten statt. Seit 1997 wurde die Kirchliche Aus- und Fortbildungsstätte in Kassel zum regelmäßigen Treffpunkt, bis diese im Jahr 2020 vom kirchlichen Träger geschlossen wurde. Die Themen – auch sie sind der Liste zu entnehmen – wurden und werden von Sitzung zu Sitzung festgelegt. Die Beiträge erfolgen auf Zuruf.
Warum beginnt die Liste erst 1985 und nicht schon 1977? Weil der unterzeichnete Organisator der Treffen erst 1985 dazu stieß und keine verlässlichen Informationen über Orte und Themen früherer Treffen hat. Wer Abhilfe schaffen kann, möge dies tun.
Von Anfang an wurden immer wieder Publikationen aus den Vorträgen auf den Tagungen generiert. Die Liste dieser elf Veröffentlichungen, die zwischen 1997 und 2019 erschienen sind, spiegelt ein beachtliches Stück neuerer Theologiegeschichte wider. Ein Projekt, an dem überdurchschnittlich viele Mitglieder des Arbeitskreises beteiligt waren, ist zudem die Bibel in gerechter Sprache.
Wie bei einer Gruppe, die seit über 40 Jahren besteht, nicht anders zu erwarten, sind etliche der Mitglieder der frühen Jahre bereits verstorben. Zu den prägendsten Persönlichkeiten des Kreises gehörten ohne Zweifel Willy (1931-1997) und Luise Schottroff (1934-2015). Ihr Tod schmerzt bis heute. Dass der Kreis trotzdem weiter arbeitet und weitere Projekte angeht, zeigt aber, dass er nicht von einzelnen Persönlichkeiten abhängt, sondern vom lebendigen Engagement für die Schrift und für soziale Gerechtigkeit.
Die Tagungen des Heidelberger Arbeitskreises seit 1985
Jahr | Ort | Thema |
1985 | Arnoldshain | Religion und Geld |
1986 | Arnoldshain | Diakonie – Helfen als Zeugnis christlicher Freiheit |
1987 |
| keine Tagung |
1988 | Hofgeismar | Arbeit der Frauen |
1989 | Schönberg | Organisationsformen von Gemeindeleben und Diakonie |
1990 | Schönberg | Zeit |
1991 | Darmstadt | Schuld und Schulden |
1992 | Schönberg | Gerechte Übersetzung der Bibel |
1993 | Gelnhausen | Opfer als Täter – Täter als Opfer |
1994 | Gelnhausen | Nach dem Zusammenbruch |
1995 | Gelnhausen | Die Kirche der Zukunft und die ökonomische Gerechtigkeit |
1996 | Gelnhausen | Symbole und Zeichen der Herrschaft – Symbole und Zeichen des Widerstands |
1997 | Kassel | Israel, Nationen, Kirche: Welche Folgen hat sozialgeschichtliche Exegese |
1998 | Kassel | Eigentum und Freiheit |
1999 | Kassel |
„…
und eure Körper als Waffen der Gerechtigkeit …“ (Röm 6,13). Eigentum Körper – Leben Arbeit |
2000 | Kassel | Sexualität – Ehe – Arbeit |
2001 | Kassel | „Das Wunder der Freiheit liegt im Anfangen-Können“ (H. Arendt). Lebensformen – Gesellschaftsstrukturen – Wundertraditionen |
2002 | Kassel | Von der Schönheit des Lebens gesungen gegen finstere Zeiten |
2003 | Kassel | Tod |
2004 | Kassel | Das Reich Gottes in Gleichnis und Praxis |
2005 | Kassel | Reich Gottes und Gestalten von Herrschaft |
2006 | Kassel | Was ist uns wert? Werte? |
2007 | Kassel | „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ (Lev 19,2) |
2008 | Kassel | Macht – Ohnmacht – Gegenmacht |
2009 | Kassel | Christologie: Macht – Ohnmacht – Gegenmacht |
2010 | Kassel | Universalität und Identität – Befreiungstheologie in der Krise der Globalisierung |
2011 | Kassel | KIRCHE MACHT ARME |
2012 | Kassel | Die Welt lesbar machen – Literatur und Sozialgeschichte |
2013 | Kassel | „Nur die Schrift“. Hegemoniales Prinzip oder Gegenkultur |
2014 | Kassel | Die Schrift (be)kennen? |
2015 | Kassel | Gender zwischen Macht und Konstruktion |
2016 | Kassel | Identitätsdiskurse |
2017 | Kassel | Die Koordinaten ändern – Revisionen des europäischen Blicks |
2018 | Kassel | Zusammen leben |
2019 | Kassel | „Wohnen im Wort“ (Rose Ausländer). Sprache und Heimat |
2020 | Kassel | Gewalt und Unverfügbarkeit |